Prüft ein Arbeitnehmer, bevor er mit dem Auto zur Arbeit fährt, ob die Fahrbahn glatt ist und verletzt er sich auf dem Rückweg zu seinem Fahrzeug, liegt darin kein versicherter Arbeitsunfall. Wie das Bundessozialgericht am 23.01.2018 entschieden hat, unterbricht der Arbeitnehmer in einem solchen Fall den Weg zur Arbeit bzw. unternimmt lediglich eine nicht notwendige Vorbereitungshandlung (Az.: B 2 U 3/16 R).
Der Kläger wollte morgens mit seinem Auto zur Arbeitsstelle fahren. Nachdem er das Wohnhaus verlassen hatte, legte er zunächst seine Arbeitstasche in das auf dem Grundstück parkende Auto. Danach verließ er das Grundstück zu Fuß und ging wenige Meter auf die öffentliche Straße, um dort die Fahrbahnverhältnisse zu prüfen. Auf dem Rückweg zu seinem Auto stürzte er an der Bordsteinkante und verletzte sich am rechten Arm. Der Unfall wurde von der Berufsgenossenschaft nicht als Arbeitsunfall anerkannt.
Das Bundessozialgericht hat nun etwas überraschend entschieden, dass der unmittelbare und damit versicherte Weg zur Arbeitsstätte bereits in dem Zeitpunkt unterbrochen war, in dem der Kläger die Straße betreten hatte. Bei der Prüfung der Fahrbahnverhältnisse handele es sich nur um eine Vorbereitungshandlung zum versicherten Arbeitsweg. Vorbereitungshandlungen seien nach ständiger Rechtsprechung jedoch nur versichert, wenn entweder eine rechtliche Pflicht bestehe, eine solche Handlung vorzunehmen oder wenn die Handlung zur Beseitigung eines unvorhergesehenen Hindernisses erforderlich wäre, um den Arbeitsweg aufzunehmen oder fortzusetzen. Keine dieser Alternativen sei hier einschlägig. Auch wenn der Kläger die Prüfung als sinnvoll oder erforderlich angesehen habe, sei diese weder durch die Straßenverkehrsordnung geboten noch für den Antritt der Fahrt unverzichtbar gewesen.
Anmerkung:
Die Entscheidung des BSG verdeutlicht einmal mehr, wie sehr es bei der Feststellung eines Arbeitsunfalls bzw. Wegeunfalls auf die Zielrichtung ankommt. Schon geringste Abweichungen auf dem Weg von oder zur Arbeit - hier nur wenige Meter - lassen die Voraussetzungen eines über die Berufsgenossenschaft versicherten Arbeitsunfalls entfallen. Wäre der Arbeitnehmer auf dem Weg zu seinem Fahrzeug ausgerutscht, hätten die Voraussetzungen eines Wegeunfalls vorgelegen.
Verfasser:
Rechtsanwalt Jochen Wiegand
Fachanwalt für Medizinrecht
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