BGH: Unterbringung in einem anderem als dem gebuchten Hotel stellt grundsätzlich einen Reisemangel dar

 

Werden Pauschalreisende wegen Überbuchung in einem anderen Hotel als dem gebuchten untergebracht, liegt ein Reisemangel vor, der für die betreffenden Urlaubstage zu einer Minderung des geschuldeten Reisepreises führt. Soweit die Ersatzunterkunft schwerwiegende Hygienemängel aufweist, steht den Reisenden auch noch eine Entschädigung wegen "nutzlos aufgewendeter“ Reisezeit zu. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 21.11.2017 entschieden (Az:: X ZR 111/16).

Sachverhalt:

Die Kläger buchten im März 2015 eine Reise nach Antalya. Nach dem Reisevertrag sollten sie in einem bestimmten Hotel in einem Zimmer mit Meerblick wohnen. Wegen einer Überbuchung wurden sie jedoch für drei Tage in einem anderen Hotel untergebracht. Das Zimmer in diesem Hotel bot keinen Meerblick und wies schwerwiegende Hygienemängel auf. Die Kläger machten gegen den Reiseveranstalter deshalb die Minderung des Reisepreises sowie eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit geltend. Das Amtsgericht gab der Klage hinsichtlich einer Minderung des Reisepreises in Höhe von 605,19 Euro statt und wies sie im Übrigen ab. Auf die Berufung der Kläger sprach das Landgericht den Klägern eine zusätzliche Minderung in Höhe von 371,36 Euro zu. Der BGH gewährte dem Kläger nun jedoch auch noch Schadensersatz von 600,00 € für die "nutzlos aufgewendete Urlaubszeit".

Der Bundesgerichtshof hat zunächst klargestellt, dass die Unterbringung der Kläger in einem Hotel ähnlichen Standards und ähnlicher Ausstattung einen Reisemangel darstelle, der bereits für sich genommen und für die betreffenden Urlaubstage zu einer Verringerung des geschuldeten Reisepreises um 10% führe, da der Wert der vom Reiseveranstalter tatsächlich erbrachten Leistung nicht dem Wert der gebuchten Leistung entsprochen habe. Ein Reisender, dem vertraglich ein bestimmtes Hotel versprochen werde, zahle einen Teil des Reisepreises auch dafür, dass er diese Auswahl nach seinen persönlichen Vorlieben selbst treffe und gerade nicht dem Reiseveranstalter überlasse.

Sodann hat der BGH im Hinblick auf die erheblichen Hygienemängel in dem Ersatzhotel ausgeführt, dass der Anspruch auf eine angemessene Entschädigung für "nutzlos aufgewendete Urlaubszeit" zwar voraussetze, dass nicht nur einzelne Reiseleistungen oder einzelne Reisetage, sondern die Reise insgesamt vereitelt oder erheblich beeinträchtigt worden sei.

Auch wenn die verbleibenden Tage nach dem Umzug in das gebuchte Hotel von den Klägern uneingeschränkt für den Strandurlaub genutzt werden konnten, konnten die ersten drei von zehn Urlaubstagen ihren Zweck jedoch weitgehend nicht erfüllen, da die schwerwiegenden hygienischen Mängel des den Klägern zunächst zur Verfügung gestellten Hotelzimmers den Aufenthalt in diesem "schlechthin unzumutbar" gemacht haben. Bei einer derart weitgehenden Entwertung eines Teils der nach Wochen oder Tagen bemessenen Urlaubszeit, sei diese teilweise "nutzlos aufgewendet" und damit auch die Reise insgesamt erheblich beeinträchtigt.

Das Urteil ist in zweierlei Hinsicht von erheblicher Bedeutung:

Zum einen wurde bisher keine Reisepreisminderung zugesprochen, wenn das Ersatzhotel im Wesentlichen der Lage und dem Standard des gebuchten Hotels entsprochen hat. Der BGH gewährt für die Ersatzunterbringung nunmehr indes "per se" einen Anspruch auf Minderung des Reisepreises um 10 %.

Zum anderen wurde eine Entschädigung für "nutzlos aufgewandte Reisezeit", die regelmäßig bei ≥ 50 % des Reisepreises liegt, bisher nur zugestanden, wenn der Wert der Reisezeit insgesamt um mindestens 50 % (der Prozentsatz variiert bei den Gerichten; +/- 50 % ist aber in der Regel der Orientierungsbetrag) gemindert war.

Nach der aktuellen Entscheidung dürfte es jetzt allerdings ausreichen, wenn der Wert der Reise über einen nicht unerheblichen Zeitraum deutlich über 50 % gemindert war und sich diese zeitweise Beeinträchtigung – was regelmäßig der Fall sein wird - negativ auf die gesamte Reise auswirkt.

Verfasser:
Rechtsanwalt Jochen Wiegand